Verschiedene Italienische Ärzte wurden im 16. Jahrhundert an den habsburgischen Kaiserhöfen in Wien, Innsbruck und Prag beschäftigt. Darunter stechen die Namen von Franciscus Parthinus (1500-1569), Iulius Alexandrinus (1506-1590) und Petrus Andreas Matthiolus (1501-1578) hervor, die vorher im Fürstbistum Trient gearbeitet hatten. Indem sie Ärzte des Kaisers waren, verfassten sie ärztliche Ratschläge (consilia medica), die uns helfen zu begreifen, wie sie Krankheiten behandelten. An der Universität hatten sie die Texte von den alten griechischen Medizinern, vor allem jene von Hippokrates von Kos (gestorben 377 v. Ch.) und Galen von Pergamon (tätig im 2. Jahrhundert nach Ch.) studiert. Diese zuletzt Genannten wurden im 16. Jahrhundert im medizinischen Bereich als Anhaltspunkte betrachtet. Damals beruhte nämlich die diagnostische und therapeutische Methodologie auf der hippokratisch-galenischen Vier-Säfte-Lehre. Laut dieser Theorie wird eine Krankheit erst dann verursacht, wenn die Körpersäfte (Blut, Schleim gelbe und schwarze Galle) miteinander nicht mehr im Einklang sind. Im Zuge der Therapie, welche die Wiederherstellung des Humoralgleichgewichtes zum Ziel hatte, waren sowohl das Ernährungsverhalten als auch Lebensart- und Weise am wichtigsten.
Die Nervenbeschwerden wurden ihrerseits auf einen Überfluss des feuchten und kalten Schleimes zurückgeführt, der die Extremitäten genau dieser Nerven verstopfte. Die Ablagerung des Schleimes versperrte den Durchgang des „psychischen Pneumas“ (Geistes), der vom Gehirn durch die Nerven zu den Gliedmaßen transportiert wurde und sowohl für die Bewegung als auch die Sinnenwahrnehmung verantwortlich war. Wer an „verstopften Nerven“ litt, dem wurden die Speisen verboten, die viel Schleim produzierten. Es wurden zudem auch jene Medikamente verschrieben, die in der Lage waren, den Schleim aus dem Körper auszuscheiden. Denjenigen, die von einer teilweisen Lähmung, Gefühllosigkeit und Schlaffheit betroffen wurden waren, wurden warme Bäder und Massagen verschrieben. Die Wunden an den Nerven wurden mit Holunder-Öl, Terpentin-Pistazie-Öl, Wolfsmilch-Öl und Rosenöl behandelt – warme Salben die die Feuchtigkeit des Schleimes bekämpften. Solche Präparate, die zubereitet wurden, indem man verschiedene pflanzliche Stoffe vermischte, zeichneten sich sowohl durch fundierte botanisch-pharmazeutische Kenntnisse als auch einen empirischen Ansatz aus. Auch die ersten Thermalkuren, die für die Behandlung von Nervenbeschwerden verschrieben wurden, wie zum Beispiel gegen Krämpfe, Tremores und abgeschnittene Nerven, basierten auf einer empirischen Methodologie.
Die Beobachtung sowie das Experimentieren stellten einen wichtigen Aspekt sowohl im botanisch-therapeutischen als auch im anatomischen Bereich dar. Durch Überprüfungen des Seh- und Tastsinnes wurden bedeutende anatomische Entdeckungen durchgeführt. Unbeschadet dessen blieb die auf der Vier-Säfte-Lehre basierende Diagnose- und Therapieart vorherrschend. Die Ansicht, wonach deren der Geist alle Lebensfunktionen des Körpers regierte, verhinderte außerdem eine genauere Erforschung der menschlichen Physiologie. Die Erkenntnisse dazu entwickelten sich erst im darauffolgenden Jahrhundert.
Die aktuellen Forschungen von Alessandra Quaranta werden durch den Beitrag der „Fondazione Cassa di Risparmio di Trento e Rovereto“ verwirklicht.
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